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Immaterielle Geldentschädigung für Journalistin bei Erwirkung einer falschen Gegendarstellung?
Datum: 16.03.2011
Kurzbeschreibung:
Zu dieser Frage musste sich der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe, Außensenate in Freiburg, der u.a. für das Presserecht zuständig ist, äußern.
Die Klägerinnen A und B begehren vom Beklagten X, einem bekannten Fernsehmoderator, eine immaterielle Geldentschädigung von mindestens 20.000,00 Euro bzw. 15.000,00 Euro, weil er durch die Abgabe von falschen eidesstattlichen Versicherungen eine Gegendarstellung gegen einen von der A verfassten Artikel erwirkt habe. Die Klägerin A ist freie Journalistin und Verfasserin des Artikels „X (Beklagter) hätte mich fast erwürgt“, der in der Illustrierten „neue woche“ vom 18.06.2005 erschienen ist und auf den auf der Titelseite hingewiesen worden war: „EXKLUSIV-X-Geliebte zeigt ihn nach Gewalttat an“.
Die Information zu diesem Artikel hat die Klägerin A von der Klägerin B erhalten, die auf der Titelseite neben X abgebildet ist. X erwirkte im Wege der einstweiligen Verfügung eine auf der Titelseite der „neuen woche“ zu veröffentlichende Gegendarstellung mit dem Wortlaut ..“. hierzu stelle ich fest: Weder war die abgebildete Frau meine Geliebte, noch habe ich gegenüber dieser Frau eine Gewalttat verübt.“
Gegen den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung hatte sich die Verlegerin der „neuen woche“ damals u.a. damit gewehrt, die von X geforderte Gegendarstellung sei wegen offensichtlicher Unwahrheit und weil sie irreführend sei unzulässig. Der Senat hat es bei seiner damaligen Entscheidung aber unter Berücksichtigung der vorgelegten Versicherungen an Eides statt, auch solcher des X, als nicht glaubhaft gemacht angesehen, dass die geforderte Gegendarstellung offenkundig unwahr sei, und die Verlegerin der „neuen woche“ zum Abdruck der Gegendarstellung verurteilt.
Im jetzigen Rechtsstreit um die Geldentschädigung ist unstreitig geworden, dass X die B nicht gewürgt hat, dass B seine Geliebte gewesen sei, behaupten die Klägerinnen nach wie vor.
Die Klägerinnen wollen eine immaterielle Geldentschädigung zum Ausgleich der durch den Beklagten erlittenen Schäden. Der Beklagte habe durch die Abgabe von falschen Versicherungen an Eides statt im Ausgangsverfahren, nämlich durch seine Leugnung intimer Beziehungen zur Klägerin B nicht nur Straftatbestände tangiert, sondern sich auch des Prozessbetruges schuldig gemacht. Wenn die Gerichte Kenntnis davon gehabt hätten, dass die Versicherung an Eides statt in diesem Punkt unwahr gewesen sei, hätte die einstweilige Verfügung insgesamt nicht erlassen werden können. Die Klägerin A sei durch die falsche Gegendarstellung in doppelter Hinsicht geschädigt. Ihre Berichterstattung sei als unrichtig denunziert und sie in einer breiten Leseöffentlichkeit bloß gestellt worden, die Beschädigung ihrer journalistischen Glaubwürdigkeit sei geeignet, sie gewissermaßen wirtschaftlich zu vernichten, ihr Ruf als Journalistin habe nachhaltig Schaden genommen, wenn mögliche Auftraggeber von ihr den Eindruck der Unzuverlässigkeit gewönnen, erhalte sie keine Aufträge mehr. Die Klägerin B als „Informantin und Quelle“ sei ebenfalls in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht schwer verletzt, sie sehe sich nicht nur mit dem Vorwurf der Lüge konfrontiert, sondern sei auch vom Beklagten noch mit zwei Strafverfahren überzogen worden.
Das Landgericht Offenburg hat die Klagen abgewiesen.
Die Berufung der Klägerinnen zum Oberlandesgericht Karlsruhe blieb ohne Erfolg. Der Senat hat ausgeführt:
Dem Opfer einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts stehe zum Ausgleich immaterieller Schäden ein Anspruch auf Geldentschädigung dann zu, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handle und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden könne.
Von einer schweren Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Klägerinnen könne hier auch nicht annähernd die Rede sein. Der Streitfall sei dadurch geprägt, dass die Klägerin B den X fälschlich einer Gewalttat zu ihrem Nachteil („Würgen“) bezichtigt habe und dass die Klägerin A diese Geschichte einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht und den X gewissermaßen an den Pranger gestellt habe. Dieser unstreitige Sachverhalt beinhalte in der Tat eine schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts, aber eine solche des Beklagten X, nicht eine der Klägerinnen. Hieran ändere sich auch dann nichts, wenn man unterstellen wollte, die Klägerin B sei tatsächlich „Geliebte“ des X gewesen und dessen in Sachen „Gewalttat“ unstreitig richtige Versicherung an Eides statt sei in dem Punkt „Geliebte“ falsch gewesen. Diese unterstellte Lüge wäre zwar wegen ihrer Einkleidung in eine Versicherung an Eides statt rechtlich durchaus bedenklich, menschlich aber bis zu einem gewissen Punkt verständlich als Reaktion auf die üble Nachrede seitens einer Person, die dem „Geschädigten“ irgendwie etwas näher gestanden haben werde als andere Zeitgenossen. In jedem Fall sei das Abstreiten besonderer Beziehungen in gewisser Hinsicht auch durch die falsche Bezichtigung herausgefordert.
Auch bei der Klägerin A könne von einer schweren Verletzung des Persönlichkeitsrechts keine Rede sein. Allen im Medienrecht Tätigen sei geläufig, dass im Gegendarstellungsrecht grundsätzlich weder bei der Erstmitteilung noch bei der Entgegnung eine Prüfung des Wahrheitsgehalts stattfinde und dass daher neben wahren Gegendarstellungen in der Praxis auch solche vorkämen, in denen Unwahrheiten stünden. Von daher sei es fernliegend, dass eine Journalistin der yellow press nachhaltigen Schaden an ihrem beruflichen Renommee davontragen solle, bloß weil sie sich eine Gegendarstellung „eingefangen“ habe. Sollte die Klägerin A aber tatsächlich Schaden erlitten haben, läge dies viel weniger an der im wirklich gravierenden Teil „Gewalttat“ ja unstreitig zutreffenden Versicherung an Eides statt des Beklagten X, sondern daran, dass die Klägerin A blauäugig oder voreilig einer dreisten Lügengeschichte aufgesessen sei und diese dann ohne die gebotene Vorsicht weiterverbreitet hat. Dafür aber trage nicht der Beklagte die Verantwortung, sondern neben der Klägerin A vor allem ihre Informantin und Streitgenossin B. Diese, nicht aber der von ihr zu Unrecht einer Gewalttat bezichtigte Beklagte X, habe der A für etwa aufgetretenen Ansehensverlust geradezustehen.
Die Revision ist nicht zugelassen worden.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 11. März 2011
- 14 U 129/09 -