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Hinweisbeschluss in Dieselverfahren: Käufer, die ihren Diesel behalten wollen, können möglicherweise auch von der VW AG Schadensersatz wegen Wertminderung verlangen – ob trotz Software-Update eine Wertminderung besteht, muss durch Gutachten geklärt werden
Datum: 13.11.2019
Oberlandesgericht Karlsruhe Pressemitteilung vom 13.11.2019
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Hinweisbeschluss in Dieselverfahren: Käufer, die ihren Diesel behalten wollen, können möglicherweise auch von der VW AG Schadensersatz wegen Wertminderung verlangen – ob trotz Software-Update eine Wertminderung besteht, muss durch Gutachten geklärt werden
Der für Berufungen in sog. „Dieselverfahren“ aus den Landgerichtsbezirken Karlsruhe, Mannheim, Heidelberg, Baden-Baden und Mosbach zuständige 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat am 29. 10.2019 einen Hinweisbeschluss verkündet. Eine Käuferin, die ihren „Diesel“ behalten will, fordert von ihrem Autohändler und der Volkswagen AG (VW AG) die Zahlung eines Minderwertes in Höhe von 25 Prozent des Kaufpreises.
Die Klägerin hat im Februar 2012 für 22.500 EUR einen gebrauchten Audi A 3 Sportback Ambition (Motor EA 189) gekauft. Die Klägerin will ihr Fahrzeug behalten und hat – nach Fristsetzung durch die Zulassungsstelle - am 28.12.2018 das vom Kraftfahrbundesamt (KBA) zugelassene Software-Update aufspielen lassen. Sie verlangt von der Verkäuferin, einem Autohaus, und von der VW AG die Erstattung eines Minderwertes ihres Fahrzeugs. Sie ist der Auffassung, das Auto sei mindestens 25% weniger wert, weil in der Motorsteuerung des Fahrzeugs zum Zeitpunkt des Kaufs eine unzulässige Software zur Abgassteuerung installiert war.
Das Landgericht Heidelberg hat die Klage abgewiesen. Der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat mit Beschluss vom 29.10.2019 darauf hingewiesen, dass ein Anspruch der Käuferin auf Ersatz eines Minderwertes sowohl gegen den Autohändler als auch die VW AG grundsätzlich in Betracht kommt.
Entscheidend für den Anspruch gegen das Autohaus ist, ob zum Zeitpunkt der Minderungserklärung am 21.12.2017 ein Mangel vorlag. Zunächst ist daher zu klären, ob zu diesem Zeitpunkt ein Minderwert alleine deshalb bestand, weil eine Software zur Abgassteuerung installiert war, auch wenn die Gefahr einer Betriebsuntersagung durch das Aufspielen des Software-Updates hätte beseitigt werden können. Daher ist ein Sachverständigengutachten über die Frage einzuholen, ob und ggfs. in welcher Höhe durch die Software zur Abgassteuerung eine Wertminderung eingetreten und nach Aufspielen des Software-Updates verblieben ist. Für die Höhe der verlangten Minderung kommt es auf den Minderwert zum Kaufzeitpunkt, also 2012, an. Daher muss für die Bewertung unterstellt werden, dass zu diesem Zeitpunkt bereits das Vorhandensein der unzulässigen Abschalteinrichtung bekannt gewesen wäre.
Gegen die VW AG kommt ein Schadensersatzanspruch wegen sittenwidriger, vorsätzlicher Schädigung (§ 826 BGB) in Betracht. Zwar ist nach allgemeiner Lebenserfahrung davon auszugehen, dass die Klägerin das Fahrzeug nicht gekauft hätte, wenn sie von der unzulässigen Abschalteinrichtung gewusst hätte. Dennoch kann die Käuferin das Fahrzeug behalten und als Schadensersatz den Betrag verlangen, um den sie das Fahrzeug wegen der unzulässigen Abschalteinrichtung nach ihrer Behauptung zu teuer erworben hat. Ob ein Minderwert bestand und auch heute noch besteht, ist daher auch für die Klage gegen die VW AG von Bedeutung.
OLG Karlsruhe, Hinweisbeschluss vom 29.10.2019, 17 U 102/18
Vorinstanz: LG Heidelberg, 4 O 227/17